Fahrradtour am Ring of Beara

21.12.2003 - 20:49

Vergangenen Freitag machte ich mir selbst ein Weihnachtsgeschenk und startete meine Reise nach Killarney im County Kerry. Ich wollte mit dem Fahrrad den Ring of Beara (oder zumindest einen Teil davon) befahren. Die geplante Route war ca. 180km lange, doch es kam sowieso anders *g*

Ich muss ja sagen, dieses Mal habe ich so ziemlich alles geplant was es so zum Planen gibt (ich reservierte sogar einen Platz im Hostel) - eigentlich untypisch für mich, aber ich wollte keinen bösen Überraschungen mehr erleben.

Aber das böse Erwachen gab es gleich mal am Samstag morgen als ich aufwachte - es regnete in Strömen. Ich überlegte mir sogar schon Alternativen und sah mich nach Bustouren zum Ring of Kerry um, doch dann dachte ich, bei dieser "Weicheiertour" mach ich auch nicht mit und mietete mal das Fahrrad - und siehe da, es hörte zum Regnen auf Lächelnd

Nunja, ich machte mich ja schon ein paar Mal über den Wetterbericht in Irland lustig, da er immer so ziemlich alles voraussagte was möglich war (Regen mit kurzen sonnigen Auflockerungen am Vormittag und Sonne mit kurzen Regenschauern am Nachmittag - oder so in die Richtung). Nun bekam ich dieses Wetter aber richtig zum Spüren. Es regnete bereits nach 1h fuer ca. 10 Minuten, dann kam wieder etwas die Sonne, am Sally Gap (was aber eigentlich ein Pass ist) regnete es wieder usw. Ich hörte bald zum Regenschauerzählen auf, denn es regnete sicher 10x (oft nur so Sprühregen, wie die Wiener so schön sagen, aber auch von dem wird man nass), aber es scheinte auch oft die Sonne.

Sally Gap war gleich mal eine Herausforderung, da es ziemlich bergauf ging - hier in Kerry gibt es wirklich noch Berge im Gegensatz zum restlichen Ireland - und die bekam ich zu spüren. Aber die Aussicht entschädigte wieder alles.

Eigentlich dachte ich ja, dass ich ca. 20km pro Stunde schaffen werde, was eigentlich nicht zu hochgegriffen war. Doch ich brauchte schon für die Strecke nach Kenmare (30km) 2h. Ich fuhr dann so dahin und dann kam eine Abzweigung mit der ich eigentlich nicht gerechnet hatte - eine Entscheidung gab es zu fällen: Coastal Road, wunderbare Aussicht, dafür wusste ich nicht genau wie lange die Fahrt dauern wird, oder die geplante Strasse, ich wusste wo ich ankomme, dafür vielleicht keine aufregende Landschaft. Ich entschied mich für die Coastal Road, wo auf der Fahrt dorthin schon das nächste Hindernis stand: 4 riesen Rindviecher mitten auf der Strasse (naja Strasse, es hat hier gerade mal schön ein Auto Platz). Zu beginn schaute ich nicht viel besser drein als die Kühe, aber nach einem Foto und einem kurzen Abwarten was sie machen (sie schauten weiterhin so, als ob ich der erste Mensch war), wollte ich sie überholen, was garnicht so einfach war, da sie vor mir davon gingen bzw. davonliefen. Das war natürlich nicht sehr super, wenn man 4 Kühe mit dem Rad überholen will und die laufen davon und wechseln dauernd die Strassenseite. Aber nach ein paar Ansätzen klappte es dann doch.
Und dann kam ich endlich zum Meer - eigentlich dass was ich die ganze Zeit sehen wollte - ein Traumanblick.

Ich kam dann erneut zu einer Kreuzung, wo die Entscheidung nicht leichter war: links gings wieder ein bisschen zurueck, aber es war noch ein Pass (der auch mal wirklich Pass hies - Healy Pass) oder nach rechts noch weiter weg von Killarney, aber wo ich nicht sicher war, ob es sich bis zur Dunkelheit in den naechsten Ort ausging. Da kam eine alte Frau auf dem Fahrrad des Weges und ich fragte sie. Tja und nachdem sie meine fuer mich sei es kein Problem wenn ich gleich wegfahre, entschied ich mich fuer rechts.

Aja, hier v.a. auf dem Land verwenden sie immer noch Meilen - was sehr sehr teuflisch ist (einmal davon abgesehen, dass auch die km Angaben ziemlich variieren). Mit den Meilen ist es so wie mit dem Euro: zuerst denkt man, ah das ist ja nicht mehr so weit, aber wenn man dann eine Weile fährt und nachrechnet, dann ist es doch noch ganz schön weit - und wenn die Einheimischen sagen "3-4 Meilen", dann ists halt mehr als 1.5km weiter oder näher.

Aber ich bereuhte es nicht, rechts abgebogen zu sein, weil die darauffolgenden 2 Stunden waren einfach traumhaft. Ich habe ja nun schon so einiges von Irland gesehen, aber das war fast unbeschreiblich. Man fährt entlang der Küste, die Sonne steht schon etwas tiefer, Meer, viele Hügel, einfach ein Traum.

Die Ankunft ein Castletownbeara (das ist der zweitlängste Stadtname in Irland) war eine Punktlandung, denn es wurde gerade finster. Ich traf dann einen Holländer, einen Belgier und einen Engländer, mit denen ich bei einem Guinness meine Erlebnisse austauschte. Sie konnten mir auch ein Hostel empfehlen, doch das war noch 7 Meilen weiter weg und ich wollte nicht noch weiter weg von Killarney. Also uebernachtete ich in einem B&B und nächsten Morgen machte ich mich schon um 9 auf den Weg.

Die Aussicht war wieder ein Traum, es gab Sonnenschein und man hatte einen super Ausblick zur Insel (Name weiss ich nicht mehr). Leider änderte sich das Wetter und am Healy Pass war es dann regnerisch, aber wenigsten die Aussicht war ein Traum. Zuerst ging es mehr als eine Stunde nur bergauf. Es hielt nach einer Weile ein Auto an und ich dachte (und ehrlich gesagt, hoffte ich es auch) schon er will mich ein Stück mitnehmen, aber er war aus der Gegend (ist glaube ich auch nicht lustig, denn ausser Schafe gibts nix dort oben) und so hatten wir einen kurzen Smalltalk (naja, Smalltalk ist relativ, denn er fragte gleich, ob ich schon verheiratet bin, Girlfriend habe, viele Geschwister ich habe, usw). Nachdem auch der Pass hinter mir war, dachte ich, es kann nicht mehr so schlimm kommen, aber es kam noch viel schlimmer, denn die Landschaft war ziemlich hügelig und bis Kenmare war es eher ein Nightmare. Ich glaube, soviele Schimpfwörter auf Englisch hatte ich noch nie von mir gegeben Zwinkernd, denn auch die Landschaft war hier nicht sonderlich schön und ich sah sie schon am Vortag auch.

Naja, in Kenmare angekommen musste ich mich entscheiden ob ich die 10km laenger Route nehme (aber ohne Pass) oder die kürzere aber mit Pass. Und da ich zu diesem Zeitpunkt schon wirklich die Nase ziemlich voll von Bergen und Regenschauern in den Bergen hatte, (und damit meine ich nicht meine laufende Nase - mir ist kein "schöneres" Wort für Rotz eingefallen, drum umschreib ichs halt ein bisschen) nahm ich die "Bundesstrassenroute", die aber auch nicht so schlecht war.

Am Ende geriet ich dann schon etwas unter Zeitdruck, da ich ja vor Einbruch der Dunkelheit in Killarney sein musste und meine Kräfte schon etwas geschwächt waren - und v.a. mein Allerwertester. Ich hatte so einen Frauensattel, bin aber eigenlich die Rennsattel von meinem Rennrad gewohnt. Und ich muss sagen, so ein Sattel wo ein A.... wie die halb Schweiz drauf Platz hat ist ja wohl das Unbequemste was es gibt - anyway. Ich spulte also die 40km herunter und stellte mir schon Abendessen und Guinness als Motivation vor. Ich fragte dann noch einen Eingeborenen nach dem Weg und der hatte einen Dialekt drauf, da hauts einem fast aus den Socken - ich habe fast garnichts verstanden - und er war gleich recht nett (wie hier eigentlich alle) und fing gleich recht an zum Reden, wo ich war, wo ich hinfahr, blablabla.

Um 16:45 sah ich dann die Ortstafel von Killarney - und keiner kann sich vorstellen, welch eine Erleichterung das war. Die Frau vom Radverleih klopfte mir dann noch auf die Schulter, als ich ihr erzaehlte, dass ich WIRKLICH am Ring of Beara war, denn noch am Vortag konnte sie das nicht glauben.

Naja, aber es hat alles funktioniert, ich bin wieder da, habe ca. 400g Pasta mit Sauce in mir und werd jetzt noch ein Guinness geniessen.

Abschliessend muss ich sagen, der Ring of Beara war einer der schönsten Plätze, die ich in Irland gesehen habe (wenn nicht der schönste, denn die Cliffs of Moher waren beeindruckend, aber es war nur ein Platz - hier ist ein ganzer Landteil ein Traum), ist und ich würde es trotz den Anstrengungen und den vielen Motivationstiefs, aber auch -hochs, immer wieder machen.

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Der Artikel wurde zuletzt am 27.08.2024 geändert.
Das bin ich - Johannes Gruber
Geschrieben von

Reisen, Fotografieren, neues entdecken... Die Brötchen in der Software-Entwicklung verdienend, bin ich in meiner Freizeit auf der Suche nach neuen Plätzen und halte gerne besondere Momente mit der Kamera fest.